Teil 1 - San
Gimignano
Heute ist Donnerstag. Bei herrlichem Wanderwetter verlassen wir Siena mit dem Bus in nordwestlicher Richtung. Fahren an
Monteriggioni vorbei, das uns mit seiner mittelalterlichen Stadtmauer aus der Ferne grüßt. Kurz nach Colle di Val d'Elsa
steigt für uns völlig unerwartet über
dem Hügelland die Silouette San Gimignanos auf.
Die Stadt, inmitten einer üppigen
Landschaft aus Olivenhainen und Weinbergen und
mit
seinen mittelalterlichen Türmen ist unser heutiges Tagesziel.
Porta San Giovanni |
Wir steigen auf dem großen Parkplatz vor den Toren der Stadt aus und
gehen die wenigen Meter zu Fuß bis zur Porta San Giovanni weiter. Heute
ist Markttag in San Gimignano. Wir schlängeln uns durch die
Via San Giovanni, über die
Piazza della Cisterna zur
Piazza del Duomo.
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Via San Giovanni
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Palazzo del Podesta, rechts mit
Torbogen |
Rund um die Piazza del Duomo findet man neben der Basilika Santa Maria
Assunta (Duomo) aus dem 12. Jahrhundert, den Palazzo del
Popolo aus dem 13. Jahrhundert und den Palazzo del Podesta aus dem 12.
Jahrhundert mit seinen guelfischen Zinnen und dem riesigen Torbogen, dem
Voltone.
Zu ihrer Verteidigung vor allem gegen Volterra, wurde eine
ringförmige Mauer angelegt. Nach der verheerenden Pest im Jahre
1348 unterwarf sich die entvölkerte und geschwächte Gemeinde 1352
endgültig der Stadt Florenz. Doch auch innerhalb der Mauern
kämpften mehrere wohlhabende Familien der Guelfen und Ghibellinen
um die Vorherrschaft. Sie errichteten aus Verteidigungs- und auch
aus Prestigegründen Türme und Turmpaläste. Im 14. Jahrhundert war
die Zahl der Türme auf 72 angewachsen. Bei blutigen Kämpfen
konnten die Familien sich in ihren Türmen verbarrikadieren. Die
Turmhöhe war gleichbedeutend mit der Größe des Ansehens. |
Palazzo del Popolo,
rechts der Dom Santa Maria Assunta
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Gemäuer
vergangener Macht, die Geschlechtertürme von San Gimignano
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Unser Wanderführer, Dr. Gund, hat uns
bereits im Bus angekündigt, dass wir uns vor der Wanderung den Dom
(Basilika Santa Maria
Assunta) von innen sehr gründlich
ansehen werden. Denn außen ist er ein schmuckloses romanisches Bauwerk aus dem 12. Jahrhundert.
Innen aber, ist er um so mehr ausgeschmückt.
Leider war im Dom absolutes
Fotografierverbot. Ich möchte aber wenigstens, von den sehr detaillierten
Ausführungen des Herrn Dr. Gund das wiedergeben, was bei mir hängen geblieben
ist.
Betritt man das Innere, man ist überwältigt! Alle Wände sind mit Fresken aus dem 14. und 15. Jahrhundert ausgemalt.
Beginnen wir mit den Ausführungen an der Rückwand über dem
Eingang.
Dort ist ein großflächiges Fresko von Benozzo Gozzoli zu sehen, das "Martyrium des heiligen Sebastian"
(1. siehe weiter unten), der im Pfeilhagel
stirbt.
Oben an der Rückwand ist eine grandiose Darstellung des "Jüngsten
Gerichtes" von Taddeo di Bartolo, zu sehen. Die
Illustration der Hölle, sehr beeindruckend, viel Mord und Todschlag. Man
fragt sich, ob der Künstler als Vorlage die damalige Zeit nahm. |
Im linken Seitenschiff sind Szenen aus dem Alten Testament zu sehen. Der Bilderzyklus beginnt mit der Erschaffung der
Welt.
Zuerst Pflanzen und Tiere, dann folgen Adam und schließlich Eva, die aus seiner Rippe
hervorsteigt.
In der unteren Reihe sieht man auf einem Bild den Durchzug durchs Rote
Meer. Das Heer des Pharaos trudelt über die Bildfläche und
ertrinkt.
Gemalt hat das Ganze Bartolo di Fredi
(1367), einem Schüler Ambrogio Lorenzettis.
Das rechte Seitenschiff wurde mit Szenen aus dem Neuen Testament von Barna di
Siena (1350) gemalt. Leider verunglückte der Maler bei einem Sturz vom
Arbeitsgerüst und die letzten Bilder wurden erst viel später
fertiggestellt.
Die Kapelle der Heiligen Fina (2. siehe
weiter unten)
ist am Ende des
rechten Seitenschiffs im Renaissancestil angebaut worden. Hier sind zwei Fresken von Ghirlandaio und seiner
Werkstatt von (1475) sehenswert. Wenn man von Dr. Gund darauf hingewiesen
wird, erkennt man in den Gesichtszügen individuelle Mimik, das verrät
bereits Porträtrnalerei.
In der rechten Szene kündigt der hl. Gregor der Stadtpatronin das Nahen
des Todes an, links ist das Begräbnis der Fina dargestellt.
1)-Martyrium des heiligen Sebastian: Als
der sich zum Christentum bekennende römische Soldat Sebastian sich
weigerte, die heidnischen Götter weiter zu verehren, wurde er dazu
verurteilt, von Pfeilen durchbohrt, ein qualvolles Martyrium zu erleiden.
Der Heilige ist entkleidet an einen Baum gefesselt. Während zwei
Gefährten bereits tot zu seinen Füßen liegen, zielen zwei Schergen mit
ihren Bögen auf ihn.
2)-Fina, 1238 in San Gimignano geboren und am 12. März 1253
dort auch gestorben. Sie ist die Patronin von San Gimignano und wird als
Selige der römisch-katholischen Kirche verehrt.
Porta San Matteo.
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Nach den großartigen Fresken und den sehr beeindruckenden Erläuterungen
des Herrn Dr. Gund verlassen wir den Dom, gehen die Via San Matteo
weiter hinunter bis zur Porta San Matteo.
Der Verlauf der
heutigen Hauptgassen, die wir gegangen sind, Via San Giovanni - Via San Matteo
entspricht noch dem
Straßenverlauf des frühen Mittelalters. San Gimignano lag an der Frankenstraße, der alten Hauptverbindung von
Nordeuropa nach Rom. Die Stadt entwickelte sichwährend des 12. und
13. Jahrhunderts zu einem blühenden Handelsplatz.
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Wir haben
die Stadt durch die Porta San Matteo verlassen. Jetzt haben wir noch
eine Wanderung vor uns, auf einem Panoramaweg mit grandioser
Aussicht - immer die Türme vor Augen - so steht es im Programm.
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